Klaus Hoppmann
Eine Lebensgeschichte...
Am 1. August 1947 begann Sohn Klaus eine Lehre als Kfz-Mechaniker. Er wurde vom Vater mit der Auflage in die Werkstatt eingeführt, dass er wie jeder andere Lehrling zu behandeln sei, dass keine Arbeit zu schmutzig sei und er keine Extrawürste erhalten solle. Und so war es auch. Von der Pike auf eben. Für Klaus schloss sich 1950 dann ein Praktikum bei der Rheinisch-Westfälischen Bank in Dortmund (heute Deutsche Bank) und von 1950-1952 eine kaufmännische Ausbildung bei Deutschlands größtem Opel-Händler, Dello, in Hamburg an. Dort lernte er auch
seine spätere Frau Ursula kennen.
Im Jahre 1952 stieg Klaus Hoppmann in die Firma seines Vaters, Martin Hoppmann ein. Die Zeit des Wiederaufbaus der Firma war verbunden mit mancherlei innerbetrieblichen Auseinandersetzungen
und vielen Bemühungen um den Neuaufbau der Opelhändler-Organisation.
Nach dem Tod des Firmengründers im Jahre 1957, übernahm Sohn Klaus Hoppmann den väterlichen Betrieb und beschäftigte sich bereits Ende der 50er Jahre mit politischen
und gesellschaftlichen Fragen. Dabei spielten für ihn die Themen
Demokratie und Gerechtigkeit eine besonders große
Rolle, auch immer im Hinblick auf den eigenen Betrieb und die
Menschen, die dort arbeiteten.
1958 oder 1959 kam er in einem
Seminar erstmals in Kontakt mit einem Gewinnbeteiligungsmodell.
Umgehend beauftragte er die Beraterfirma, von der das
Modell stammte, es auf den eigenen Betrieb zuzuschneiden.
1961 war am 1. April der neue und großzügige Betrieb in der Eiserfelder Straße
bezugsfertig. Wenige Wochen später wurde die EB ( Erfolgsbeteiligung ) geboren.
Das Jahr 1963 begann mit der Einrichtung eines betrieblichen Vorschlagswesens, das auch
schnell regen Zuspruch fand.
1969, kurz nachdem die erste Zweigstelle in Fellinghausen eröffnet werden konnte, hatten die EB-Regelungen dann einen Stand erreicht, den sie nahezu unverändert bis heute behalten haben.
– Aber die Gewinnbeteiligung war nur der 1. Schritt.
Ende der 60er, standen sich Kapitalismus und
Sozialismus unversöhnlich und unvereinbar gegenüber. Ein hierzulande unbekannter Professor
aus der Tschechoslowakei, Ota Sik, zeigte mit seinem Modell des „Dritten Wegs“ – zumindest
theoretisch –, das es auch anders gehen könnte, um die Interessen von Mensch und Kapital doch
noch unter einen Hut zu bringen. Von dieser Theorie hatte Klaus Hoppmann damals noch gar
nichts gehört. Ohne es zu wissen, führte er aber den Beweis, dass dieser dritte Weg möglich ist.
Als wegweisend erwies sich eine Betriebsvereinbarung, die 1969 getroffen wurde. Danach wurde zum einen der Wirtschaftsausschuss installiert und
mit weitgehenden Rechten ausgestattet. Damit wurde eine echte Mitbestimmung auf der Unternehmensebene
ermöglicht – auch wenn anfangs bei geteilter Meinung die Stimme des Chefs
doch noch mehr zählte als die der übrigen Ausschussmitglieder. Aber vier Jahre später, ermutigt
durch die ersten positiven Erfahrungen, wurde echte Gleichberechtigung eingeführt, indem der
Ausschuss mit Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern paritätisch besetzt wurde.
Zum anderen sah die neue Betriebsvereinbarung vor, dass Arbeitsgruppen ins Leben gerufen
wurden, die nun unter der Leitung eines Gruppensprechers bei den Dingen mitreden sollten und
konnten, die konkret ihren Arbeitsplatz betrafen.
Doch für Klaus Hoppmann war das System immer noch nicht ganz rund. Denn die Belegschaft, die in der Zwischenzeit
auf über 200 Menschen angewachsen war, hatte ja keinerlei Garantie dafür, dass Hoppmann sich nicht doch alles noch mal anders überlegte und die Betriebsvereinbarung einseitig aufkündigte.
Bei einem Spaziergang erzählte er seinem Freund Hans Linden von seiner Idee, das Firmenkapital
in die Hände einer neuen Stiftung zu übertragen. Hans Linden war begeistert. Spontan fiel ihm
der Name „Demokratie im Alltag“ ein.
1974 übertrug Klaus also seine kompletten Geschäftsanteile auf die neu gegründete Stiftung und
neutralisierte damit das Kapital. De facto hatte er sich damit selbst enteignet. Ein Zugriff auf das
Firmenvermögen, um persönliche Ziele zu verfolgen, wurde damit für immer unmöglich gemacht.
Am 27. Dezember 1974 fand die erste Stiftungsvorstandssitzung statt. Neben Klaus
Hoppmann und Hans Linden war noch der damalige Obmann Alex Peterkes im Vorstand.
Der dritte Weg war gefunden – und das runde System war nun vollständig. Allen
Unkenrufen und Kritiken zum Trotz sollte es ein insgesamt sehr erfolgreicher
Weg werden.
Heute sind zwar sicher alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer
sehr froh, dass sie in diesem runden System zuhause sind. Aber es war damals nicht die
Belegschaft, die sich das Unternehmensmodell ausgedacht und dafür gekämpft hat. Nein, die
Mitbestimmung und alles, was dazu gehört, wurde im Gegenteil „von oben herab verordnet“.
Und fast alle Beteiligten taten sich anfänglich schwer damit. Die Führungskräfte verloren einen
Teil ihrer angestammten Autorität und waren gezwungen zu lernen, damit umzugehen und die
vermeintliche Schwäche in eine Stärke umzuwandeln. Und auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
waren zunächst skeptisch. „Da muss doch etwas dahinter stecken. Wahrscheinlich doch
nur eine besonders raffinierte Tour, uns zu mehr Leistung zu veranlassen.“ Dieses Misstrauen
konnte nur abgebaut werden, in dem man das Zahlenwerk von Grund auf erklärte, über betriebliche
Zusammenhänge informierte und Schulungen zu Mitwirkungsmöglichkeiten anbot.
Kein
einfaches Unterfangen, zumal im Herbst 1973 der Ölschock die finanzielle Basis bedrohte.
Doch die wirtschaftliche Lage erholte sich wieder.
1975 startete das Bundesministerium für Forschung und Entwicklung das Forschungsprogramm „Humanisierung des Arbeitslebens“.
Die Firma bewarb sich, erhielt eine Zusage
und den Auftrag, das bereits bestehende Beteiligungsmodell weiter zu entwickeln. „Herz, was
willst Du mehr?“ Denn es war ja schon lange klar, dass nur diejenigen mitwirken und mitbestimmen
können, die auch über ein entsprechendes Handwerkszeug verfügen. Und daran wurde
über einen Zeitraum von gut drei Jahren in 33 Seminaren gearbeitet. Die Seminare kamen richtig
gut an. Auch der Betriebsrat stand voll hinter dem Projekt. Bleibende Resultate aus dem Forschungsprojekt
waren neben den „soft facts“, wie man es heute nennen würde, die Veröffentlichung
der Ergebnisse in Buchform durch das Ministerium und natürlich das „Handbuch für die
betriebliche Gruppenarbeit“. Es wurde in einem feierlichen Rahmen am 13. Februar 1979 an die
Gruppensprecherinnen und Gruppensprecher übergeben.
Nur 20 Tage später, am 5. März 1979, strahlte das 3. Fernsehprogramm einen 30-minütigen Bericht
über das Hoppmann’sche Modell aus.
Und am 15. Oktober desselben Jahres
berichtete die Sendung „Marktwirtschaft ohne Kapitalismus“ über Prof. Ota Sik’s Theorie vom dritten
Weg zwischen Sozialismus und freier Marktwirtschaft. Als Beispiel aus der Praxis wurde das Modell
der Firma Hoppmann vorgestellt.
Überhaupt ist das Hoppmann-Modell seit seiner Entstehung zum Teil heiß diskutiert worden.
Und auch von innen kamen schon mal Spitzen. So forderte ein Mitarbeiter 1979 in der „info aktuell“,
man möge doch einige der vielen Projektteams, Arbeitsgruppen und Ausschüsse auflösen,
um mal wieder mehr produktiv arbeiten zu können. Interessanterweise antwortete gerade die
Geschäftsleitung, an dem eher zeitaufwendigen Prozedere festhalten zu wollen, weil es auch im
Rahmen der Mitbestimmung einfach sehr wichtig sei.
Anfang der 80er Jahre war es nun deutlich und offensichtlich, dass die Einführung des runden
Systems geschafft war. Es war entstanden aus Klaus Hoppmann’s Idealen von sozialer Gerechtigkeit
und demokratischer Teilhabe. Diese waren – eher mehr als weniger – in den beiden Mitwirkungselementen
Wirtschaftsausschuss und Arbeitsteams, also nach innen, sowie in der Stiftung
verwirklicht, die das soziale Engagement auch nach außen demonstrierte.
Im Stiftungsvorstand gab es erste wichtige Veränderungen. Hans Wender wurde 1981 als
Nachfolger von Alex Peterkes berufen. 1983 schieden Bruno Kemper und der externe Fachmann
Dieter Frank aus dem Vorstand aus, Dr. Judith König und Wolfgang Belitz stießen als Mitstreiter
dazu.
1985 wurde mal wieder ein neues Gremium gegründet. Anlass waren die Überlegungen des Stiftungsvorstands,
dem Stiftungszweck „Förderung der Arbeitnehmerbildung“ mehr Gewicht zu
verleihen. So entstand mit dem Bildungsausschuss ein weiteres bereichsübergreifendes Gremium,
das sich von nun an der Ausgestaltung und Entwicklung der Arbeitnehmerbildung widmete.
1986 wurde das 50-jährige Firmenjubiläum in der Siegerlandhalle groß gefeiert.
Eine kleine Revolution vollzog sich 1987. Nachdem eine Mitarbeiterin den Anstoß gegeben und sich
auch die Unterstützung des Betriebsrats gesichert hatte, endete eine unvergessene Betriebsversammlung mit einem echten Knüller: Die gehaltsabhängige EB wurde
abgeschafft und ab dem 1. Juni durch eine Pro-Kopf-EB ersetzt! Damit erhielten sowohl Geschäftsführer
als auch z.B. Jungarbeiter ab sofort dieselbe Quote.
Am 31.12.1989, genau 51 Tage nach dem Fall der Berliner Mauer, wechselte Klaus Hoppmann in
den Ruhestand.
Im Dezember 1999 feierte die Stiftung bereits ihr 25-jähriges Bestehen. Aus diesem Anlass hatte der Vorsitzende Hans Linden eine Festschrift
erstellt, in der er die Stiftungsarbeit während dieser Zeit aufgearbeitet hatte. Erstaunlich: Über 2 Mio. DM hatte die Stiftung in den 25 Jahren als Gewinnausschüttung vom Unternehmen
schon erhalten! Und abgesehen von wirklich sehr geringen administrativen Kosten hat sie damit
ebenso viel in ihre „Zielgruppe“, nämlich sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche, investiert
und so manches Projekt erst ermöglicht.
Die Stiftung beschloss 2007, sich endlich so zu nennen, wie sie in der Öffentlichkeit ohnehin
schon immer genannt wurde: Hoppmann Stiftung. Im selben Jahr startete sie das lokale Projekt
„Erfahrungsfeld Fischbacherberg SCHÖNUNDGUT“. Damit stellt sie sich einer großen Herausforderung,
will sie doch auf dem Fischbacherberg in Siegen ein Lern- und Erfahrungsfeld für arbeitslose
Jugendliche errichten, dass in dieser Form seinesgleichen sucht.
Klaus Hoppmann ist am 27.10.2013 im Alter von 86 Jahren in Bern verstorben.
Informationsmaterial
Weitere Informationen erhalten Sie auch in unserer Broschüre, die Sie hier bequem herunterladen können.
Klaus und Martin Hoppmann 1955
Klaus Hoppmann 1956
Betriebsrat 1978
Demokratie am Arbeitsplatz. Ein Modellversuch zur Mitwirkung von Arbeitnehmern an betrieblichen Entscheidungsprozessen Frankfurt/New York 1981,
ISBN 3-593-32713-9
Prof. Hans Linden und Klaus Hoppmann 2002